Gefängnisseelsorge

Ich bin gefangen gewesen und ihr habt mich besucht (Matth. 25,36)

Unter diesem Wort Jesu nehmen Seelsorgerinnen und Seelsorger als Vertreter der Kirchen ihren Dienst in Gefängnissen war. Der Dienst an den Gefangenen gründet sich auf den Auftrag, der der Kirche für ihr gesamtes Wirken vorgegeben ist:

Die Kirche schuldet die gute Botschaft vom Anbruch der Herrschaft Gottes in dieser Welt, von Gericht und Gnade, von der Versöhnung mit Gott und den Menschen, von der Vergebung der Sünden und der Erneuerung zur Liebe allen Menschen.

Nach christlichem Menschenbild verliert kein Mensch seine von Gott geschenkte Würde. Gott gibt jedem Menschen jederzeit die Möglichkeit, einen anderen Weg einzuschlagen, umzukehren, ein Leben ohne Straftaten zu führen. Der seelsorgerliche Dienst im Gefängnis gilt dem ganzen Menschen und versucht Ursachen und Folgen der Tat sowie die alltäglichen Probleme des Gefangenenlebens mit einzubeziehen.

Durch diesen Auftrag widmen sich Seelsorgerinnen und Seelsorger im Rahmen der Bestimmungen, die für den Justizvollzug gelten.

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 In der Justizvollzugsanstalt Traunstein leben etwa 130 Männer und ca. 30 Frauen. Diese werden seelsorgerlich von Diakon Tobias Raab (St. Oswald) und Pfarrer i. R. Bernd Blum (Auferstehungskirche) betreut. Für die Kirchen ist im 2. Stock der JVA ein Raum vorhanden, in dem regelmäßig Gottesdienste gefeiert und Einzelgespräche mit Gefangenen ungestört geführt werden können. 

Etwa zweimal im Monat feiern wir dort Gottesdienst. Es sind auf die Gefangenen ausgerichtete Wort-Gottes-Feiern, die ökumenisch gestaltet sind, obwohl im Blick auf die Religions- bzw. Kirchenzugehörigkeit der Häftlinge die konfessionelle Frage an den Rand tritt.

Wichtig ist das gemeinsame Singen und Beten, das Hören auf Gottes gute Botschaft und die Gemeinschaft mit den dort lebenden Männern und Frauen.

Darüber hinaus können die Gefangenen auf Antrag Einzelgespräche mit einem der Seelsorger führen. Da die JVA Traunstein für die Untersuchungshaft und Kurzzeit-Strafvollzug zuständig ist, überwiegen die Probleme, die mit der abrupten Veränderung der Lebensumstände und den Schwierigkeiten der Kontaktaufnahme zu Angehörigen, Freundinnen und Freunden verbunden sind. Die Männer und Frauen haben sehr unterschiedliche Nationalitäten und Sprachfähigkeiten, dies erschwert oft die Gesprächsführung. Die Seelsorge versucht, in dieser Situation der Gefangenschaft einen Raum der Bewahrung zu schaffen für Menschen, die sich auf sich selbst zurückgeworfen sehen und in Gefahr sind, ihr Personsein zu verlieren.

Die Seelsorge bietet Heilung an durch die Ermutigung, sich selbst und andere neu anzunehmen. Wer von der Barmherzigkeit Gottes leben lernt, wird fähig, die Wirklichkeit des eigenen Lebens zu erkennen, zu ertragen und vielleicht sogar zu verändern. Seelsorge erschließt so Zugänge zu neuen Möglichkeiten des Lebens.

Ebenso sind wir als Seelsorger offene Gesprächspartner für die Bediensteten in der JVA, die dort unter diesen besonderen, nicht immer leichten Bedingungen ihren Dienst ausüben.

Der Dienst der Gefängnisseelsorger gilt vor allem aber den Menschen, die durch Freiheitsentzug nicht in der Lage sind, an den Veranstaltungen der Gemeinde teilzunehmen. Er macht deutlich, dass Straffälligkeit und Gefängnisaufenthalt keine grundsätzliche Trennung von der Gemeinde bedeuten.

Für diese Arbeit ist ein gutes ökumenisches Miteinander notwendig.